Pressestimmen
Warum die Friedrichstraße als Innenstadtmeile das Fürchten lehrt
Das Experiment Friedrichstraße ist gescheitert.
Wenn man durchs Zentrum läuft, glaubt man in einer Geisterstadt zu sein. Was ist passiert? Ein Stimmungsbericht.
Berliner-Zeitung 23.05.2021 von Stephane F. Scholz
Dystopische Szenen dominieren die Friedrichstraße seit Monaten. Wie tief kann der Möchtegern-Boulevard eigentlich noch sinken?
Berlin Der Wind fegte durch die leere Friedrichstraße und wirbelte zwei zerknautschte Pappbecher umher. Immerhin, hier mussten mal Menschen gewesen sein. Dunkel lag der Boulevard vor mir, als ich ihn auf Höhe Gendarmenmarkt betrat. „This town is coming like a ghost town“ von den Specials ertönte gerade jetzt über meine Kopfhörer. Ich erschauerte, machte die Musik aus und lief zügig Richtung Mitte.
Meine Schritte hallten ein wenig zu laut auf dem feuchten Asphalt. Kein Motorengeräusch, kein Auto weit und breit. Wie auch, dieser Abschnitt zwischen Leipziger Straße und Unter den Linden war vor ein paar Monaten, Ende August, zu einer Kombination aus Fußgängerzone und Fahrradstraße erklärt worden. Ein Modellprojekt, das shoppende Flaneure anlocken und den gefühlt zwei Cafés eine Straßenbestuhlung erlauben sollte. Das hatte nicht funktioniert, schon vor der Pandemie nicht und während ihr noch weniger.
Berlins Ufer sollen frei bleiben
Senat will die Bebauung verbieten und den öffentlichen Zugang garantieren. Alte Industrieflächen werden renaturiert
Berliner Morgenpost vom 21.05.2021 von Jens Anker
Berlin Die rot-rot-grüne Landesregierung will Berlins Ufer vor der Privatisierung und Bebauung schützen. Künftig sollen überall zehn Meter breite Uferstreifen erhalten und öffentlich zugänglich bleiben. „Freie Ufer sind eine Erholungsfläche und ein wesentliches Merkmal einer lebenswerten Stadt“, sagt einer der Urheber der Senatspläne, Daniel Buchholz (SPD). „Es gibt keinen politisch plausiblen Grund, Berliner Ufer zu privatisieren.“
Alte Industrieflächen, wie sie noch in Spandau und Treptow-Köpenick bestehen, sollen zudem renaturiert werden. „Mit dem Wachstum der Stadt, den vielen Neuversiegelungen von Flächen und insbesondere der starken Verdichtung im Bereich der Innenstadt-Spree sind die Ufer von Spandau bis Köpenick freizuhalten, ob als Wegebeziehung, Frischluftschneisen, Frei- oder Erholungsräume“, heißt es in dem Antrag, der am Donnerstag im Abgeordnetenhaus eingebracht wurde.
Eine Million Euro für autofreie Friedrichstraße
Bund der Steuerzahler kritisiert die hohen Kosten für die Flaniermeile – unter anderem für Evaluation und Werbung
Berliner Morgenpost vom 21.05.2021 von Julian Würzer
Seit Ende August ist die Friedrichstraße in Berlin -Mitte für den Autoverkehr teilgesperrt. Seither dürfen Radfahrer in der Mitte der Straße fahren, während sich Fußgänger drumherum ausbreiten können. Flaniermeile Friedrichstraße heißt das Projekt, das auf dem 500 Meter langen Abschnitt zwischen Leipziger und Französischer Straße angelegt ist. Ursprünglich wollte man damit der früheren Shoppingmeile neues Leben einhauchen, auch wegen der Corona-Pandemie funktionierte das nur mäßig. Dennoch verlängerten der Senat und der Bezirk Mitte den Versuch bis Ende Oktober 2021.
Nun sind erstmals Zahlen des Pilotprojekts bekannt geworden. Während der ersten Projektphase bis zum 31. Januar belaufen sich die Kosten für den Verkehrsversuch auf 1.076.100 Euro. Das geht aus einer Antwort des obersten Verkehrsplaners Hartmut Reupke an den Bund der Steuerzahler hervor. Der Berliner Landesvorsitzende Alexander Kraus hatte die Senatsverkehrsverwaltung danach gefragt. Das Schreiben liegt der Berliner Morgenpost vor.
„ Berliner Wohngeld“ der CDU
Berliner Woche vom 19.05.2021
Am 26.09.2021 finden die Wahlen zum 20. Deutschen Bundestag und zum 19. Abgeordnetenhaus von Berlin sowie zu den Bezirksverordnetenversammlungen statt.
Berlin ist eine klassische Mieterstadt. Mit 85 % Mieteranteil nimmt Berlin eine Sonderstellung in Deutschland ein. Es herrscht seit geraumer Zeit Wohnungsknappheit. Die Mieten in Berlin sind in den letzten Jahren rasant gestiegen.
Die kommenden Wahlen könnten folglich zu einer „Dach-über-dem-Kopf-Abstimmung"werden. Die Angst vor der Unbezahlbarkeit der eigenen Wohnung nimmt stetig zu.
Wie sieht das aktuelle Programm der Parteien in der Wohnungs-, Mieten- und Stadtentwicklungspolitik aus? Welche Ideen und Lösungsansätze sollen nach den Wahlen umgesetzt werden, um bezahlbaren Wohnraum für die Berlinerinnen und Berliner zu schaffen?
Nur noch Eigentumswohnungen: CDU ist gegen Sozialwohnungen
CDU-Fraktion Lichtenberg ist gegen weitere Sozialwohnungen in Hohenschönhausen. Partei will nur noch Eigentumswohnungen.
Berliner Morgenpost vom 18.05.2021 von Jan-Henrik Hnida
Die Lichtenberger CDU will „Ghettoisierung“ in Hohenschönhausen verhindern und nur noch Eigentumswohnungen bauen - und keine Sozialwohnungen mehr. Einen dementsprechenden Antrag bringt die CDU in die nächste Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 27. Mai ein – mit dem Titel: „Ghettoisierung verhindern – Eigentumswohnungen bauen “.
Für das Wort „Ghetto“ stehen im Duden mehrere Bedeutungen. Erstens: „abgeschlossenes Stadtviertel, in dem die jüdische Bevölkerung abgetrennt von der übrigen Bevölkerung lebte, leben musste“ oder „Stadtviertel, in dem diskriminierte Minderheiten, Ausländer oder auch privilegierte Bevölkerungsschichten zusammenleben“. Sieht die CDU diese Phänomene im Norden Lichtenbergs?