Erweiterungsbau des Kanzleramts soll mit Logistikcenter verbunden werden.
Berliner Morgenpost vom 13.03.2021 - von Julian Würzer

Bürgerbeteiligung startet in Kürze
Die geplante Erweiterung des Bundeskanzleramts in Mitte soll für viel Geld unterirdisch ausgebaut werden. Nach Informationen der Berliner Morgenpost soll das Projekt mit einem Post- und Logistikcenter an der Elisabeth-Abegg-Straße durch ein Tunnelwerk verbunden werden. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie rechnet der Bund allein für dieses Bauwerk mit Kosten in Höhe von etwa 39 Millionen Euro.

Zunächst war eine sechs Meter breite Verbindung durch die angrenzende Grünanlage geplant. Allerdings lehnten der Bezirk Mitte und die Senatsbauverwaltung das Vorhaben ab. „Wir wollten die Grünanlage für Berlinerinnen und Berliner erhalten“, sagt Mittes Umweltstadträtin Sabine Weißler (Grüne) der Morgenpost. Zudem hatte man in mehreren Diskussionsrunden Bedenken wegen des Artenschutzes geäußert. Die Bauherren seien damals entgegenkommend gewesen, so Weißler. Mit dem Tunnelbau könne der Bezirk gut leben.

Kostensteigerung von rund 150 Millionen Euro
Der Erweiterungsbau des Kanzleramts ist ohnehin umstritten, da die Kosten für das Vorhaben massiv gestiegen sind. Als das Bundesinnenministerium im vergangenen Jahr eine neue Schätzung von rund 600 Millionen Euro präsentierte, war schnell von einem der teuersten Bauprojekte Deutschlands die Rede. Die offiziellen Baukosten lagen bis zu diesem Zeitpunkt bei rund 485 Millionen Euro. Eine erste Machbarkeitsstudie war von gar 457 Millionen Euro ausgegangen. Der Bundesrechnungshof äußerte allerdings Anfang Oktober Zweifel daran, dass die neuesten Schätzung ausreichen werden, da Kostenfaktoren nicht umfangreich abgebildet seien. Um mit dem Humboldt Forum gleichzuziehen, fehlt jedenfalls nicht mehr allzu viel. Die Gesamtkosten des Stadtschlosses liegen nach derzeitigem Stand bei rund 682 Millionen Euro.

Im Gegensatz zum Humboldt Forum, das Ende 2020 eröffnet worden ist, hat der Erweiterungsbau des Kanzleramts aber noch nicht einmal begonnen. Im Jahr 2023 soll das Mammutprojekt starten, das das sogenannte Band des Bundes nach Westen hin städtebaulich abschließen soll. Aus Gründen des Urheberrechts hatte die Bundesregierung die Kanzleramtsarchitekten von Schultes Frank Architekten beauftragt. Sie planen den Neubau, der die Nutzfläche der ohnehin schon weltgrößten Regierungszentrale verdoppeln soll.

Rund 400 weitere Mitarbeiter sollen in den Erweiterungsbau einziehen und auf sechs Etagen in einem halbkreisförmigen Gebäude arbeiten. Zunächst ist auch der Bau einer Kita mit zwölf bis 15 Plätzen für 2,8 Millionen Euro vorgesehen. An den Erweiterungsbau soll nach derzeitigen Planungen ein Komplex mit Serviceeinrichtungen, mit einer zusätzlichen Kantine und einem Veranstaltungsbereich angrenzen.

Die Architekten haben außerdem eine freitragende Landeplattform für Hubschrauber geplant, die die ursprüngliche Landefläche im Kanzlerpark ersetzen soll. Nach Angaben des Bundeskanzleramts sollen dort jährlich rund 60 Starts und Landungen durchgeführt werden. Kritik an dem schwanenhalsförmigen Gebilde hatte der Rechnungshof im vergangenen Jahr geäußert, da er „konstruktiv sehr aufwendig geplant“ sei. Die Bauherren stimmten damals zu, die Konstruktion zu vereinfachen.

Der Neubau soll über die bestehende Brücke mit dem Bundeskanzleramt verbunden werden. Waren aus dem Post- und Logistikbereich sollen mit Elektrofahrzeugen über die Brücke transportierte werden. Wegen der hohen Frequentierung planen die Bauherren weiter südlich in Verlängerung der Joachim-Karnatz-Allee eine weitere Brücke, die öffentlich zugänglich sein soll sowie für Fahrradfahrer und Fußgänger vorgesehen ist. 18 Millionen Euro soll die Überführung kosten. Die Prüfer hatten im vergangenen Jahr empfohlen, aus Kostengründen auf den Bau dieser Brücke zu verzichten.

Doch nicht nur vonseiten des Bundesrechnungshofes hagelte es reichlich Kritik. Auch die Opposition kritisierte die aufwendigen Pläne. Der FDP-Haushälter Otto Fricke beantragte damals eine Aufschiebung des Projekts um ein Jahr, wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage durch die Corona-Pandemie. Dieser Antrag wurde allerdings nach Morgenpost-Informationen mehrheitlich von der Koalition abgelehnt.

Nicht ablehnen kann die Koalition allerdings die Ideen der Bürgerinnen und Bürger zu dem Mammutprojekt. Ab kommenden Montag soll der Entwurf des Baus öffentlich ausgelegt werden. Die Pläne für die Erweiterung des Kanzleramts werden mitsamt einer Begründung sowie einem Umweltbericht im Internet auf den Seiten www.mein. berlin .de und www. stadtentwicklung . berlin .de veröffentlicht. Sie werden aber auch in den Räumen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung am Fehrbelliner Platz 4 einsehbar sein. Bürger können dann bis zum 15. April Vorschläge und Ergänzungen zu dem Projekt einbringen, die im weiteren Verfahren berücksichtigt werden sollen.

Ob der Erweiterungsbau des Bundeskanzleramts dann im Jahr 2028 wirklich mit einer neuen Brücke, einer Kita und einem Tunnelwerk für fast 40 Millionen Euro eröffnet, wird sich zeigen.

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