Tagesspiegel vom 26.09.2013 von Ralf Schönball

CDU und SPD streiten um Mitte
Die CDU will die Belebung der Brache vor dem Roten Rathaus voranbringen, die SPD will zuerst den Molkenmarkt entwickeln. Durchgesetzt haben sich jetzt die, die eine breite öffentliche Debatte über die Gestaltung der Mitte Berlins fordern.

Der koalitionsinterne Streit um die Zukunft der historischen Mitte ist aufgeschoben. Die Gegner einer breiten öffentlichen Debatte zur Gestaltung der Freifläche am Roten Rathaus haben sich vorerst durchgesetzt: Im Etat der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sind die Mittel für die geplanten öffentlichen Veranstaltungen und den Ideenwettbewerb zur Belebung der zugigen Brache zwischen Breite Straße und Alexanderplatz auf ein Minimum zusammengestrichen.

Die CDU-Fraktion nahm den Kompromiss zähneknirschend hin: „Endlich bewegt sich etwas beim Rathausforum", sagte der Sprecher für Stadtentwicklung, Stefan Evers. Dagegen sagte Daniel Buchholz, in derselben Funktion Mitglied der SPD-Fraktion: „Wir brauchen keinen überhasteten städtebaulichen Wettbewerb zum Rathausforum" – und deshalb sei der Kompromiss im Ausschuss für Stadtentwicklung gut gelungen.
Konkret geht es darum, dass von den Geldern, die für einen Dialogprozess mit Workshop, Foren und Veranstaltungen erforderlich sind, nur ein Bruchteil vom Senat zur Verfügung gestellt werden – und das auch noch viel später, als von der CDU-Fraktion erhofft. Während die Christdemokraten bereits fürs kommende Jahr 600 000 Euro beantragt hatten, werden lediglich 75 000 bereitgestellt. Im Jahr 2015 werden weitere 225 000 Euro im Doppelhaushalt eingestellt, das sind rund 75 000 weniger, als die CDU für diesen Zeitraum beantragt hatte.

Buchholz verteidigte die Regelung: Es gelte, „nicht nur die Fläche vor dem Rathaus zu berücksichtigen", sondern auch den Molkenmarkt dahinter. Die dort verlaufenden Straßen müssten „auf ein stadtverträgliches Maß zurückgebaut" werden. So entstehe Platz für den Neubau von Wohnungen. Erst danach sei die Zeit reif zur Entwicklung des Rathausforums.

Gut möglich ist allerdings, dass die umstrittene Einigung noch kassiert wird: „Die Mitte der Mitte ist kein beliebiges Areal. Wenn wir es ernst meinen, müssen wir früher als 2015 beginnen und das Geld für einen städtebaulichen Wettbewerb in die Hand nehmen", sagte CDU-Fraktionschef Florian Graf. Das Thema habe für die CDU „ Priorität in den Schlussberatungen zum Doppelhaushalt" in den kommenden Wochen.
Zu einer treibenden Kraft in der Debatte um die historische Mitte wird auch die Stiftung Zukunft Berlin. Am Dienstag initiierte sie ein hochkarätig besetztes Kolloquium in der Friedrich-Ebert-Stiftung zu dem Thema. Stiftungschef Volker Hassemer sagte, es gehe darum, die „Charakteristik von Berlins Mitte" zu entwickeln, welche Funktionen sie im Zusammenspiel mit umliegenden Quartieren und im Wechselspiel mit dem neu entstehenden Humboldtforum übernehmen könne – und erst davon die stadtplanerischen und gar architektonischen Konsequenzen abzuleiten.

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