Alexanderplatz: Der Masterplan wackelt

Tagesspiegel vom 15.08.2013 von Ralf Schönball

Landeskonservator und Senat rütteln mit neuen Denkmalschutz-Bestrebungen am Masterplan für den Alexanderplatz. Bei Eigentümern, Politikern und Planern stößt das auf erhebliche Kritik. Bahnt sich eine Debatte über die Kompetenzen des Denkmalschutzes an?

Denkmal? Das "Haus der Elektrotechnik" der TLG. - Foto: dpaWiderspruch und Widerstände lösen die Bestrebungen aus, DDR-Bauten am Alexanderplatz unter Denkmalschutz zu stellen und den vom Senat beschlossenen Masterplan für den Bau von zehn Hochhäusern zu beschneiden. Der Eigentümer des 220 Meter langen „Haus der Elektrotechnik", die Firma TLG, will nicht auf den Bau des Turmes verzichten, der auf diesem Grundstück geplant ist. Und für Stararchitekt Hans Kollhoff, der den gültigen Masterplan entwickelt hat, zeugen die Bestrebungen zur Neuordnung des Gebietes von „Ignoranz".

„Die TLG Immobilien fühlt sich nach wie vor an die bestehenden städtebauliche Verträge gebunden", hieß es beim Eigentümer vom „Haus der Elektrotechnik". „Wir sind weiterhin daran interessiert, die zulässige Bebauung zu realisieren und das damit verbundene Wertsteigerungsgspotential zu realisieren". Voraussetzung sei „eine konkrete Nachfrage nach solchen zusätzlichen Flächen".

Damit stellen sich die Grundeigentümer gegen Bestrebungen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, den Masterplan zu überarbeiten. Wie berichtet, hatte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher erklärt, der Masterplan sei so nicht realisierbar. Auf den Bauflächen stünden vermietete Gebäude, die Kosten für den Bau von Türmen seien gewaltig und angesichts der verhaltenen Nachfrage nicht wirtschaftlich zu realisieren. Weil die Frist von sieben Jahren, innerhalb der die Grundbesitzer ihre Projekte realisieren mussten, abgelaufen sei, könne der Senat nun über eine Umplanung nachdenken.

Auch "Haus des Reisens" als Hürde für den Masterplan
Der jüngste Vorstoß des Landeskonservators, noch bestehende und seit der Wende wenig veränderte Altbauten unter Denkmalschutz zu stellen, werten Beobachter als ersten Schritt zur Überarbeitung des Masterplans für den Alexanderplatz. So steht das frühere „Haus des Reisens", das als sicherer Kandidat für den Denkmalstatus gilt, auf einem Grundstück, für das die Kollhoff-Pläne den Bau eines 150 Meter hohen Turmes vorsehen. Wird der Altbau geschützt, wäre eine Hürde vor einem Turmbau aufgebaut.

„Es zeugt von einer gewissen Ignoranz, das alles noch einmal hochzukochen", sagte Stararchitekt Hans Kollhoff auf Anfrage. Die Frage, „wie die Stadt um den Alexanderplatz entwickelt werden soll", sei im Rahmen „einer jahrelangen ernsthaften Auseinandersetzung" geklärt worden. Und anders als heute sei damals nicht nur ein kleiner Kreis von Insidern an dem Planungsprozess beteiligt gewesen, sondern darüber eine breite öffentliche Debatte geführt worden. „Es gab mal eine Zeit, da war Städtebau an wichtigen Orten in Berlin eine Angelegenheit, die weit in die Bevölkerung hinein Interesse hervorrief und Diskussionen auslöste", sagte Kollhoff und nannte die teils turbulenten Debatten im „Stadtforum" in den 1990er Jahren als Beispiel. Heute hätten die öffentlichen Diskussionen dagegen „narkotisierende Wirkung".

Koalition sieht Denkmalschutz-Pläne kritisch
In Reihen der Koalition werden die Bestrebungen, DDR-Bauten am Alexanderplatz unter Schutz zu stellen, kritisch bewertet: „Ich kann mir das allenfalls beim Haus des Reisens vorstellen, alles andere wäre eine Übertreibung", sagte der Sprecher für Stadtentwicklung der CDU-Fraktion, Stefan Evers. Aber auch ein solcher Eingriff gefährde die Ziele des Masterplans, an dem Evers festhält. Sollten auch die TLG-Bauten unter Schutz gestellt werden, „würde dies eine politische Debatte über Eingriffsmöglichkeiten des Denkmalschutzes auslösen", warnte Evers.

Architekt Jan Kleihues sprach sich dagegen aus, die TLG-Bauten unter Schutz zu stellen. Damit bliebe der Alexanderplatz auch in Zukunft von den nördlich gelegenen Stadtquartieren abgeschnitten. Zu den angestrebten Veränderungen des Masterplans sagte Kleihues: „Statt ganz von vorne anzufangen, sollte man demjenigen die Chance zur Überarbeitung geben, der den Plan entwickelt hat" – Hans Kollhoff eben.

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