Eine neue Initiative hat sich gegründet, um moderne Architektur in der historischen Mitte zu verhindern. Mit einer Protestaktion am Sonnabend sollen der Bau eines Bürogebäudes sowie mehrerer Wohnhäuser in der vom Senat gewollten, modernen Architektur gestoppt werden.

Berliner Zeitung vom 5.10.2012 - von Uwe Aulich 

Die Kritik an den modernen Entwürfen für neue Gebäude am Schinkelplatz reißt nicht ab. Um eine „Bausünde" in der historischen Innenstadt zu verhindern, hat sich in dieser Woche eine Schinkelplatz-Initiative gegründet. Zu den Initiatoren zählt die ehemalige Chefin der Gesellschaft Historisches Berlin, Annette Ahme.

 

Sie hat sich zum Ziel gesetzt, den Bau eines Bürogebäudes sowie mehrerer Wohnhäuser in der vom Senat gewollten, modernen Architektur zu stoppen. „Die Gebäude sind potthässlich und nichtssagend. Sie passen nicht zum so bedeutsamen Ensemble mit der Friedrichswerderschen Kirche, der noch zu errichtenden Bauakademie und der Kommandantur Unter den Linden", sagt Annette Ahme.

 

Die Initiative ruft deshalb an diesem Sonnabend um 12 Uhr zu einer Protestaktion auf dem Schinkelplatz auf. Zu den Initiatoren gehört auch Jürgen E. Aha, der in Frankfurt am Main vor fünf Jahren dazu beigetragen hat, einen modernen Siegerentwurf für die Altstadt zu kippen, so dass nun einige Gebäude mit historischen Fassaden rekonstruiert werden.

„Intellektuelle Frechheit"
Ob der Kampagnen-Spezialist aber der richtige Mann für Berlin ist, muss man bezweifeln. Denn Aha ist auch im Sportbereich aktiv und setzt sich dafür ein, dass die Fußball-Nationalmannschaft mögliche Turniersiege weiter am Frankfurter Römerberg und nicht auf der Fanmeile in Berlin feiert.

Am Schinkelplatz sollen neue Büro- und Wohngebäude entstehen. Sie sind von bedeutenden historischen Bauten umgeben und werden auch vom Schloss zu sehen sein. Der Investor erarbeitet jetzt die Baupläne.

Am Schinkelplatz sollen neue Büro- und Wohngebäude entstehen. Sie sind von bedeutenden historischen Bauten umgeben und werden auch vom Schloss zu sehen sein. Der Investor erarbeitet jetzt die Baupläne.

Investor für die Häuser am Schinkelplatz ist die Moll-Gruppe aus München, das Bauunternehmen wurde 1894 gegründet. Gemeinsam mit dem Senat wurde im März ein Wettbewerb ausgelobt. Zu Siegern wurden im Juni die Berliner Büros Volker Staab Architekten (Bürogebäude) sowie Bruno Fioretti Marquez (Wohnhäuser) gekürt.

Als die Berliner Zeitung die Entwürfe erstmals veröffentlichte, waren viele Stadtplaner und Architekten entsetzt: Gerhard Hoya, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft Historisches Berlin, bezeichnete die Entwürfe zum Beispiel als „intellektuelle Frechheit". Denn die Gebäude werden künftig auch vom Schlossplatz aus zu sehen sein, auf dem das Humboldt-Forum errichtet wird. Dieser Bedeutung werden die einfachen Putzfassaden nicht gerecht.

Konzept für die Bauakademie
Senatsbaudirektorin Regula Lüscher sieht das anders, sie betont die hochwertige Architektur. „Der zurückhaltende Entwurf zollt dem Ort Respekt, um nicht in Konkurrenz zu den wirklich bedeutsamen Gebäuden wie Schloss, Kirche oder Bauakademie zu treten", sagt Petra Rohland, Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung. Der Förderverein Bauakademie kritisiert aber genau diesen krassen Gegensatz zwischen den schlichten Neubauten und der Bauakademie.

Die Bauakademie besteht derzeit nur aus bedruckten Planen, an einer Musterfassade sind die reichhaltigen Verzierungen des Schinkelbaus aber schon erkennbar. Seit Jahren setzt sich der Förderverein für den Wiederaufbau ein, eine Stiftung wurde 2011 gegründet und hat jetzt ein Konzept vorgelegt, wie das Haus genutzt werden könnte. „Die Idee ist realistisch", sagt Wolfgang Schoele, Vorsitzender des Fördervereins.

Er wünscht sich, dass die Akademie zum 175. Todestag Schinkels im Jahr 2016 wieder steht. Sie solle zu einem internationalen Ort des Bauwesens und der Forschung werden aber auch der Weiterbildung dienen.

Laut Konzept sollen im Erdgeschoss wie bei Schinkel wieder zwölf Geschäfte eingerichtet werden – aber keine Allerweltsläden, sondern spezielle Boutiquen und eine Bücherei. Einen Uhrmacher oder Fotografen könnte es geben sowie ein Schinkel-Café. In der ersten Etage ist ein Konferenzsaal für bis zu 500 Teilnehmer vorgesehen, in den anderen Etagen sind Seminar-, Büro- und Ausstellungsräume geplant.

Laut Schoele könnte es auch ein Schinkelmuseum in der einst 600 Quadratmeter großen Wohnung des Baumeisters in dem Haus geben. Etwa 48 Millionen Euro würde der Wiederaufbau kosten. Allerdings fehlt ein Investor für das landeseigene Grundstück, und der Senat gibt dafür bislang kein Geld.