Unter den Linden droht eine neue Bausünde. Wer hält diese Architekten auf?

BZ - 3.Oktober 2012 von Gunnar Schupelius

Sehen Sie sich bitte das Haus auf diesem Foto an.
Sie sehen 38 rechteckige Fensterhöhlen, eine quadratische Tür und kein Dach.

Dieses Modell bekam den 1. Preis in einem Architekten-Wettbewerb der Stadt Berlin.

Es handelt sich um ein Bürogebäude, das die Münchner Firma Moll errichten will. Direkt gegenüber dem Schlossplatz, hinter der Kommandantur (Bertelsmann, Unter den Linden 1).

Die Jury lobte das Modell für seine „Stringenz und Sensibilität". Sie lobte es für seine „unverbrauchte Ornamentik und Prächtigkeit".

Da komme ich nicht mit. Welche Sprache sprechen diese Architekten, die in der Jury saßen?

Ich sehe weder „Sensibilität" noch „Prächtigkeit". Ich sehe die langweiligste Fassade, die mir je unter die Augen gekommen ist.

Sie stammt vom Architektenbüro Staab aus Kreuzberg.

Ich möchte mich mit den Staab-Architekten gar nicht streiten.

Mögen sie ihre 38 Fensterhöhlen, die quadratische Tür und das fehlende Dach für eine sensationelle Idee halten.

Aber warum bekamen sie den Zuschlag?

Wer am Schlossplatz in Mitte baut, der baut nicht irgendwo. Hier werden Lücken gefüllt, die der 2. Weltkrieg gerissen hat und die Abrisswut der DDR-Diktatoren.

Was hier gebaut wird, das soll Jahrhunderte stehen.

Wollen wir, dass hier für Jahrhunderte eine Fassade steht, die aussieht, als sei sie in fünf Minuten gezeichnet oder von einem x-beliebigen Computer ausgespuckt worden?

Was würden wir denn heute sagen, wenn Friedrich der Große vor 270 Jahren anstatt der Staatsoper solche banalen Häuser hätte bauen lassen?

Wozu bewundern wir noch heute einen Architekten wie Schinkel?

Damit man neben seine Friedrichwerdersche Kirche dieses Staab-Haus setzt?

Seit 20 Jahren diskutieren wir darüber, ob das Stadtschloss in historischer Form wieder aufgebaut werden sollte. Es wird wieder aufgebaut, wenn auch die Innenräume nicht, so doch wenigstens die äußere Fassade.

Das ist der Maßstab, der in der alten Mitte gilt. An dem müssen sich neue Bauten messen.

Die Bz im Internet - www.bz-berlin.de