An der Ecke Laurenzstraße/Alt-Köpenick verfällt ein Haus. Das Bezirksamt Treptow-Köpenick ist machtlos
Berliner Morgenpost vom 09.02.2025 von Philipp Hartmann
Köpenick Die Fenster sind mit Pressspanplatten vernagelt, Fetzen alter Planen baumeln unterhalb der Regenrinne vom Dach. Von der Holztreppe zur verriegelten Haustür ist die unterste Stufe abgebrochen. An der Fassade, wo sich der Efeu nach oben rankt, ist an vielen Stellen der Putz abgebröckelt. Das Mauerwerk ist mit Stickern beklebt und mit Graffiti beschmiert, während am Zaun daneben Plakate auf die bevorstehenden Partys in der Eventlocation Freiheit 15 aufmerksam machen. Neben dem verfallenen Gebäude prägt die verwilderte Brachfläche an der Straßenecke schräg gegenüber dem Altstadtcafé Cöpenick das Bild. Dort steht auch ein Einbahnstraßenschild, das bereits komplett zugewachsen und kaum noch zu sehen ist, während ein paar Meter weiter jemand eine Transportbox für Tiere über den Zaun geworfen hat.
Die Verwahrlosung, die sich auf dem Grundstück an der Ecke Laurenzstraße und Alt-Köpenick zeigt, passt so gar nicht in die ansonsten gepflegte Altstadt Köpenick. Dabei könnte die zentrale Lage direkt neben der evangelischen St.-Laurentius-Stadtkirche kaum besser sein. So befindet sich das Grundstück nur wenige Meter von zahlreichen Geschäften, Bars und Restaurants, dem Luisenhain am Dahme-Ufer sowie dem Rathaus Köpenick entfernt.
Hier zu wohnen dürfte für viele Berliner ein Traum sein. Warum der Eigentümer einen solchen Standort nicht entsprechend nutzt und stattdessen seit vielen Jahren verfallen lässt, bleibt ein Rätsel, das auch das Bezirksamt Treptow-Köpenick nicht lösen kann. Wem die Fläche gehört, teilt das Amt, wie in solchen Fällen üblich, aus Datenschutzgründen nicht mit. Von dort heißt es lediglich, es handle sich um ein Haus in Privatbesitz, und die Eigentümerschaft sei den zuständigen Fachämtern bekannt. Wie lange das Haus bereits leer steht, konnte das Bezirksamt nicht genau ermitteln. „Vermutlich besteht der Leerstand seit den Nachwendejahren“, teilt das Bezirksamt auf Morgenpost-Anfrage mit.
Die Geschichte des Grundstücks reicht weit zurück. So sind Bauten dort nach Bezirksangaben bis ins Jahr 1653 zurück nachzuweisen. Ursprünglich hätten die Gebäude zum Eckgrundstück Alt-Köpenick 13 gehört. Das erste Haus mit der Anschrift Laurenzstraße 1 sei von 1852 bis 1854 von einem Baumeister namens Thiele errichtet worden. Im Anschluss sei ein zweigeschossiger unterkellerter Speicher entstanden. „Beide Häuser sind Bestandteil des Denkmalbereiches Altstadt Köpenick und sind zudem in der Denkmalliste Berlin als Einzeldenkmale aufgeführt. Sie wurden zuletzt zu Wohnzwecken genutzt“, so die Stellungnahme.
Mehrere Versuche, den Eigentümer zum Handeln zu bewegen
Dass die Häuser unter Denkmalschutz stehen, ändert nichts am schleichenden Verfall. „Der Zustand ist in keiner Weise zufriedenstellend“, erklärt das Bezirksamt. Bereits seit drei Jahrzehnten, so geht es aus dem Statement hervor, laufen die Versuche, den Leerstand an dieser Stelle zu beheben, ins Leere. So habe der Bezirk im Jahr 1995 das Angebot gemacht, einen Förderungsvertrag abzuschließen und auf diese Weise finanzielle Mittel aus dem Programm „Städtebaulicher Denkmalschutz “ zu generieren. Dieses Angebot sei durch den damaligen Eigentümer jedoch abgelehnt worden.
Mit dem heutigen Eigentümer gebe es aktuell keinen Austausch. Dass dieser die Häuser wieder nutzbar macht, könne nicht angeordnet werden. Die untere Denkmalschutzbehörde habe in der Vergangenheit allerdings mehrfach, jedoch ohne dauerhaften Erfolg, die Durchführung von Sicherungsmaßnahmen eingefordert, um einer weiteren Schädigung der Bausubstanz entgegenzuwirken. Im Laufe der Jahre seien immer wieder Versuche unternommen worden, den Eigentümer zu unterstützen beziehungsweise zum Handeln zu zwingen. Nach Bezirksangaben ist im August 2020 ein denkmalrechtliches Ordnungsverfahren zur Sicherung der Gebäude eingeleitet worden. Der Eigentümer habe damals davon überzeugt werden können, die erforderlichen Arbeiten am Gebäude in seinem Auftrag durchführen zu lassen.
Im März 2021 sei die Genehmigung erteilt worden, die unter anderem beinhaltete, alle Dächer zu sichern, die Dachhaut zum Schutz vor Feuchtigkeit zu ertüchtigen, das Tragwerk statisch zu sichern, Dachrinnen und Fallrohre zu prüfen, zu reparieren und falls notwendig zu erneuern.
In unregelmäßigen Abständen werden vom Bezirk Kontrollen durchgeführt, um den Zustand dieser angeordneten Sicherungsmaßnahmen zu überprüfen. Zumindest kleine Sicherungen, zum Beispiel das Verschließen offener Türen an den Häusern, seien auf telefonische Bitte des Bezirksamts hin durch die Hausverwaltung durchgeführt worden. Derzeit werde überprüft, weitergehende Schritte einzuleiten, teilt das Bezirksamt mit. Außerdem berate man Kaufinteressenten zu baurechtlichen Fragen. In der Vergangenheit seien immer wieder mal Anfragen zu dem Eckgrundstück eingetroffen. Ein Verkauf sei aber letztlich nie zustande gekommen.
Das leerstehende Gebäude in der Altstadt Köpenick ist nicht das einzige im Bezirk, das die Behörden beschäftigt. So steht beispielsweise seit 2019 auch in der Bölschestraße 12 in Friedrichshagen ein Wohnhaus leer. Der Fall dort sei „anders gelagert, aber letztlich ebenso misslich“, kommentiert das Bezirksamt. Beim Gebäude in der Bölschestraße habe Stadtentwicklungsstadträtin Claudia Leistner (Grüne) zuletzt im Oktober 2024 persönlich in einem Schreiben den Eigentümer darum gebeten zu handeln. Sie habe zudem an die verfassungsrechtlichen Eigentümerpflichten appelliert.
