Zum Tod des Berliner Architekten Bernd Albers
Berliner Zeitung vom 27.04.2022 - von Nikolaus Bernau

Man musste nicht mit Bernd Albers einig sein, ob die Zukunft der Stadt wirklich in steinernen Fassaden mit streng eingehegten Hofbäumchen liegt. Aber dass mit seinem überraschenden Tod im Alter von nur 64 Jahren in der Nacht auf Osterdienstag eine wichtige Stimme der Debatte um das „Wie geht es weiter in Zeiten des Klimawandels?“ verstummt ist, wird kaum einer seiner vielen Opponenten bestreiten.

Viele von ihnen erfuhren wie der Autor erst aus dem Nachruf des Deutschen Werkbunds von Albers’ Tod. Dass er führendes Mitglied gerade dieses 1907 gegründeten liberalen Reformvereins war, ist ebenso charakteristisch für Albers wie seine Tätigkeit im ehrwürdigen Berliner Archiventen- und Ingenieurs-Verein: Er setzte auf die Fortführung jener antiavantgardistischen Reformmoderne, wie sie die späte Kaiserzeit geprägt hat. Behrens, Messel, Ludwig Hoffmann, das waren Namen, an denen sich – nicht zuletzt inspiriert von den Vorlesungen des legendären Architekturhistorikers Julius Posener – eine ganze Generation aufstrebender Architekten um 1980 neu orientierte. Nicht reaktionäre Postmoderne war ihr Ziel, sondern ein Neustart des modernen Projekts aus der Tradition heraus.

Das Programm also, das auch die Internationale Bauausstellung West- Berlins in den Achtzigern prägte. Aus der heraus wurde Albers 1984 zum Mitarbeiter im Büro von Hans Kollhoff, als dieser mit dem gebogenen Wohnhaus am Schloss Charlottenburg eines der bis heute interessantesten Werke der IBA schuf. Albers ging nach Zürich, gründete dort 1988 sein Büro, lehrte im geliebten Italien und in Deutschland, wurde 1999 Professor für Entwurf an der Potsdamer Hochschule.

In den frühen Neunzigern kam Albers in den Umkreis des damaligen Senatsbaudirektors Hans Stimmann. Mit ihm entwickelte er den Masterplan Innenstadt für Berlin, um die geteilte Stadt wieder zusammenwachsen zu lassen, die Verheerungen der autogerechten Stadtplanung der DDR und West- Berlins zu heilen. Es wurde international eines der am meisten debattierten städtebaulichen Positionspapiere der Zeit, das Schlagwort war „Europäische Stadt“. Allerdings wurde deren eigentlicher Clou, die Funktions- und soziale Mischung in einem Haus sowie die räumliche Flexibilität, oft auf reine Fassadenwerte reduziert, auch in Albers’ eigenen Planungen wie dem Geschäftshaus an der Stresemannstraße – karge Formen, monumentaler Innenhof mit riesigen Durchfahrten.

Seine Pläne für die Wiederbebauung der Berliner Altstadt wurden viel zu wenig als Alternative zu den aktuellen Grünplanungen debattiert, sicher auch ihres straffen Formalismus wegen. Wie es nun seinem Konzept für den Molkenmarkt ergeht? Das Büro wird die Planung fortführen. Albers’ Stimme wird fehlen. Und sei es nur, weil man mit ihm wirklich gut streiten und dabei die eigenen Argumente schärfen konnte.

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