Neue Strecken sollen die Stadt besser erschließen. Die geplante Tram nach Blankenburg fällt dagegen kürzer aus. Verkehrssenatorin Schreiner stellt das Konzept vor.
Berliner Zeitung vom 29.11.2023 von Peter Neumann

Wo sich heute noch Äcker, Wiesen und locker bebaute Einfamilienhausgebiete erstrecken, sollen in Zukunft U-Bahnen fahren. Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) und Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) haben sich darauf geeinigt, Berlins Nordosten durch weitere Schienenstrecken besser zu erschließen. Das berichtete die Senatorin am Mittwoch im Mobilitätsausschuss des Abgeordnetenhauses. Im Mittelpunkt steht der Bau von U-Bahn-Trassen – etwa die Fortführung der U9 nach Karow . Dagegen soll die Verlängerung der Straßenbahnlinie M2 kürzer als bisher geplant ausfallen. Die Bahnen aus Mitte sollen kurz vor dem S-Bahnhof Blankenburg umkehren.

Berlin baut. Im Nordosten der Stadt entstehen große Wohngebiete, sagte die Verkehrssenatorin . Als Beispiel nannte die CDU-Politikerin den Blankenburger Süden und in Heinersdorf, wo jeweils rund 4000 Wohnungen entstehen sollen. Bau - und Verkehrsplanung müssten „Hand in Hand“ gehen, sagte Schreiner. Deshalb sollten die angekündigten Verkehrsprojekte möglichst rasch angegangen werden.

U-Bahn-Projekte dauern 17 bis 20 Jahre – wenn alles gut läuft

„Wenn ab 2030 im Blankenburger Süden die ersten neuen Wohnungen bezogen werden, sollte die Straßenbahn dorthin fahren“, so die Senatorin. Die Strecke der M2 soll über den heutigen Endpunkt Heinersdorf hinaus verlängert werden – allerdings anders als bislang vorgesehen nicht mehr zum S-Bahnhof Blankenburg. Stattdessen sei nun geplant, die Neubautrasse am Blankenburger Pflasterweg enden zu lassen, hieß es. „Dadurch werden Eingriffe in die Erholungsanlage Blankenburg vermieden“, sagte Schreiner im Ausschuss. Die bisherige Planung war dort auf heftigen Protest gestoßen.

Länger werde es dauern, U-Bahn-Strecken in den Nordosten zu verlängern, so die Senatspolitikerin. „Selbst wenn es schnell geht, müssen wir von der Planung bis zur Umsetzung mit 17 bis 20 Jahren rechnen“, sagte sie. Für die Verlängerung der Linie U9 soll im kommenden Jahr damit begonnen werden, eine Machbarkeitsstudie zu erstellen. Die U-Bahn-Strecke, die heute vom Rathaus Steglitz zur Osloer Straße in Wedding führt und die westliche Innenstadt erschließt, soll ab den 2040er-Jahren weiter nach Pankow Kirche, Heinersdorf, Blankenburg und Karow führen, kündigte Manja Schreiner an.

CDU: Nach Weißensee könnte auch eine Magnetschwebebahn verkehren

Als weiteres U-Bahn-Projekt nannte sie die Fortführung der U2 nach Französisch Buchholz. Heute endet die Strecke aus Ruhleben am S-und-U-Bahnhof Pankow. Das dritte Vorhaben wird seit Jahrzehnten unter dem Arbeitstitel U10 diskutiert. Die neue Strecke soll am Alexanderplatz beginnen und zunächst unter der Greifswalder Straße in den Berliner Nordosten verlaufen. Hier rechnet die Senatorin mit Herausforderungen. In Weißensee seien dicht bebaute Stadtgebiete zu unterqueren. Deshalb sei dort damit zu rechnen, dass die Planung „kompliziert“ wird, gab Schreiner zu bedenken.

Die Grundlagenuntersuchung für die erste Verlängerung der U2, die nach Pankow Kirche führen soll, soll im kommenden Jahr beginnen. „Die Vorbereitungen der Machbarkeitsstudie U10 laufen ebenfalls“, teilte die Verwaltung mit. Die Studie soll 2024 starten. Der CDU- Verkehrspolitiker Johannes Kraft sprach sich dafür aus, zusätzlich zu einer U-Bahn auch eine Magnetschwebebahn zu prüfen. Untersucht werden sollte auch, die Strecke ins Umland zu verlängern, wo zum Beispiel in Panketal oder Schönerlinde ebenfalls Wohngebiete entstehen. Auch im Umland werde die Bevölkerungszahl steigen. „Deshalb müssen wir über den Tellerrand schauen“, sagte Kraft.

Ein weiteres Uraltprojekt, das der Senat unter der großen Koalition voranbringen will, betrifft die Verlängerung der S-Bahn-Trasse entlang des Berliner Außenrings. Die S75, die heute noch in Wartenberg endet, soll nach Malchow und weiter zur Sellheimbrücke führen, eventuell zum Karower Kreuz, bekräftigte die Senatorin. Für die S2, die von Bernau über Buch in Richtung Innenstadt führt, werde eine Taktverdichtung angestrebt. Der Bau von Straßen steht ebenfalls auf der Arbeitsliste. Dies soll unter anderem dazu führen, dass die Ortskerne von Blankenburg und Heinersdorf entlastet werden.

Die Pläne der Verkehrssenatorin und des Stadtentwicklungssenators führten zu ersten Reaktionen. Der Pankower CDU- Verkehrspolitiker Kraft lobte die neue Planung für die Straßenbahnlinie M2 in Blankenburg. „Durch die Erholungsanlage in Blankenburg wird keine Straßenbahn führen“, bekräftigte er gegenüber der Berliner Zeitung.

Früherer Pankower Bürgermeister wollte eine Seilbahn nach Blankenburg

Ursprünglich sollte die rund sieben Meter breite Neubautrasse in Höhe des Zwergammerwegs durch das mehr als 80 Hektar große Gebiet mit Gärten, Lauben und Wohnhäusern verlaufen, um am S-Bahnhof Blankenburg an der S2 zu enden. Das war das Ergebnis einer umfangreichen Variantenuntersuchung, die nach rund zwei Jahren Ende 2018 abgeschlossen wurde. Im Umkreis geplante neue Straßen könnten ohne Gleise bleiben, hieß es. Ende 2027 sollte auf der neuen Tramtrasse der Betrieb beginnen.

Doch Bewohner und Nutzer der Erholungsanlage sowie weitere Anlieger haben es nun geschafft, diesen Abschnitt zu verhindern. Mehrere Hundert Parzellen müssten weichen, argumentieren die Kritiker. Bereits als 2020 erste Demonstrationen stattfanden, bekamen die Bürger Unterstützung aus der Politik. Sören Benn (Linke), damals Bürgermeister des Bezirks Pankow, sprach sich sogar für den Bau einer Seilbahn aus.

Dass die M2, die am Alexanderplatz beginnt, unmittelbar vor der Erholungsanlage Blankenburg enden wird, können sich die Anwohner als Erfolg gutschreiben. Weil die Straßenbahnen nicht den benachbarten S-Bahnhof erreichen werden, müssen die Bewohner des Gebiets auf mögliche schnelle Umsteigeverbindungen verzichten. Das könnte die Wirtschaftlichkeit des Projekts betreffen.

Bei einem anderen Straßenbahnprojekt kündigt sich dagegen Streit zwischen der Senatorin und der CDU-Fraktion an. Im Mobilitätsausschuss bekräftigte Manja Schreiner, dass das Verfahren zum Ausbau der Straßenbahn in Mahlsdorf vorangetrieben wird. „Für die Straßenbahn wird jetzt die Entwurfsplanung finalisiert“, bekräftigte die Senatorin am Mittwoch. Die bisherigen Pläne sehen vor, die Tramstrecke in der Hönower Straße zweigleisig auszubauen und zum Bahnhof Mahlsdorf zu verlängern. Der Kraftfahrzeugverkehr soll auf der neuen Straße An der Schule konzentriert werden, die östlich davon von Nord nach Süd durch das Zentrum von Mahlsdorf verlaufen soll.

In Mahlsdorf wäre jahrelange Arbeit für die Katz

CDU- Verkehrspolitiker Kraft unterstützt jedoch Forderungen, die bisherige Planung abzubrechen und neu zu beginnen. „Wir werden die Voraussetzungen schaffen, dass das Planfeststellungsverfahren für die Straßenbahn in Mahlsdorf geändert wird“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Berliner Zeitung. Der Senat dürfe den bisherigen Plan für die Verkehrslösung in Mahlsdorf nicht mehr weiterverfolgen, forderte der Abgeordnete. Statt der Variante eins müsse die Verwaltung die Variante zwei umsetzen, hieß es.

Dieses Konzept sieht vor, anders als derzeit geplant in der Hönower Straße weiterhin einen durchgehenden Kraftfahrzeugverkehr zu ermöglichen. Die vorgesehene zweigleisige Straßenbahnstrecke soll stattdessen in der geplanten Straße An der Schule verlaufen, sagte Johannes Kraft. Während einer Veranstaltung, zu der Mario Czaja und andere CDU-Politiker eingeladen hatten, hätten sich die Bürger am vergangenen Donnerstag „sehr eindeutig“ dafür ausgesprochen, gab er zu bedenken.

Die geforderte Änderung würde allerdings bedeuten, dass jahrelange Arbeit von Planern und Verwaltungsleuten für die Katz wäre. Schon vor Jahren wurden Trassenvarianten debattiert, Bürger konnten sich äußern. 2018 gewann die Variante eins, die zwei Gleise in der Hönower Straße vorsieht. Nach mehreren Verzögerungen soll das Planfeststellungsverfahren im Frühjahr 2024 beginnen, so die Senatsverwaltung.

Von der Verlängerung nach Hellersdorf ist schon lange keine Rede mehr

Doch dazu soll es nicht kommen, fordert nicht nur die CDU. Auch der Koalitionspartner halte einen Neuanfang für sinnvoll, erklärte der Marzahner SPD-Abgeordnete Jan Lehmann. „Wir müssen bei Planungen und Bauvorhaben immer die Menschen vor Ort mitnehmen“, sagte er. „Sie wissen oft am besten, was notwendig und machbar ist.“ Für die Verlegung des Autoverkehrs, wie ihn die von den Grünen geleitete Senatsverwaltung geplant habe, müssten sieben Ampelanlagen gebaut werden.

Der Abbruch des bisherigen Verfahrens würde allerdings bedeuten, dass Nutzer der BVG-Straßenbahnlinie 62 nach vielen Jahren nun noch länger darauf warten müssten, bis sie tagsüber alle zehn Minuten zum wichtigen Umsteigepunkt Bahnhof Mahlsdorf gelangen. Derzeit ist nördlich der Haltestelle Rahnsdorfer Straße maximal ein 20-Minuten-Takt möglich. Ein limitierender Faktor ist der eingleisige Streckenabschnitt in der Hönower Straße. Von der einst vorgesehenen Fortführung der Tram unter der Bahnbrücke hindurch nach Hellersdorf ist schon längst keine Rede mehr.

Der Linke- Verkehrspolitiker Kristian Ronneburg wunderte sich, dass die CDU-Fraktion es offensichtlich in Kauf nimmt, die Senatorin bloßzustellen. Der Abgeordnete befürchtet, dass sich das Straßenbahnprojekt für Mahlsdorf um weitere Jahre in die Länge zieht. Die Variantenuntersuchungen hätten zudem gezeigt, dass es an den Knotenpunkten zu Problemen kommen könnte, wenn die geplante Straße An der Schule noch Tramgleise aufnehmen müsste, warnte Ronneburg. Insbesondere die Kreuzung mit der stark befahrenen Bundesstraße 1 wäre ein neuralgischer Punkt.

„Der Senat muss noch in diesem Jahr Klarheit über den weiteren Ausbau der Tram in Mahlsdorf schaffen. Die Mahlsdorfer:innen haben das Hin und Her der CDU nicht verdient“, sagte der Grünen-Abgeordnete Stefan Ziller. „Ein Stopp oder eine massive Verzögerung der Planungen für den Zehn-Minuten-Takt in Mahlsdorf wären ein schlimmes Signal! Auch in den Außenbezirken haben die Menschen ein Recht auf ein gutes ÖPNV-Angebot.“

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