Berliner Zeitung vom 5.4.2016 - Kolumne von Götz Aly

In zwei Jahren wird der Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus um ein paar Hundert Meter an seinen alten Standort zurückversetzt. Sodann sollte ein nach 1945 ebenfalls fehlplatziertes Stück aus dem Berliner Westen zum Stadtschloss zurückgeholt werden.

Doch eins nach dem anderen. 1888 hatten die Berliner Stadtväter den zu DDR-Zeiten so bezeichneten Neptunbrunnen für den frisch gekrönten Kaiser Wilhelm II. in Auftrag gegeben und vor das Schlossportal an der Breiten Straße gesetzt.

Ihro Durchlaucht mochte das sprudelnde Geschenk nicht. Offiziell als Schlossbrunnen bezeichnet, hieß es im Volksmund Forckenbecken. Der Name verdankt sich dem bedeutenden liberalen Oberbürgermeister Max von Forckenbeck, der die Gabe als Demonstration kommunaler Freiheit verstand. Mit dem reaktionären Monarchen verband ihn gegenseitige Abneigung.

Verständlich, dass ältere Ost-Berliner dem heutigen Standort des Brunnens nachtrauern werden. Aber die ehemalige Staatsachse der DDR ist dahin. Die infolge von Kriegs- und Abrisswahn weggesprengte alte Mitte muss eine neue bauliche Gestalt erhalten, die in manchem an die frühere Stadtstruktur erinnern wird.

Deshalb sollte ein zweites wichtiges Monument bald an seinen angestammten Platz zurückgeführt werden: das von Andreas Schlüter geschaffene Reiterstandbild des Großen Kurfürsten, das es 1951 interimistisch nach Charlottenburg verschlagen hat. Bis 1943 schaute Kurfürst Friedrich Wilhelm nämlich hoch zu Ross und mit wallender Barockmähne von der Langen Brücke (heute Rathausbrücke) über die Spree hinweg auf Schloss und Dom.

Der Koloss versank im Tegeler See
Wie der Schlossbrunnen geriet auch dieses im Jahr 1700 von König Friedrich I. zu Ehren seines Vaters errichtete Monument wegen der Teilung Deutschlands in eine falsche Ecke Berlins. Angesichts der immer stärkeren Luftangriffe wurde es 1943 auf dem Wasserweg nach Zehdenick ausgelagert. 1947, beim Rücktransport, kenterte das Schiff. Der Koloss versank im Tegeler See. Später ließ man ihn bergen und provisorisch im Ehrenhof von Schloss Charlottenburg aufstellen. (Westberliner tun gerne so, als handle es sich um einen uralten Besitzstand. Von wegen!)

Abgesehen davon, dass im Zentrum eines französischen Vorbildern folgenden barocken Ehrenhofs keine Denkmäler vorgesehen sind, muss der in Bronze gegossene Große Kurfürst aus geschichtlichen Gründen an seinen ursprünglichen Ort zurück.

Ihm verdanken wir – hundert Jahre vor der Französischen Revolution! – das nach damaligen Maßstäben revolutionäre Edikt von Potsdam, verkündet 1685. Damit garantierte Friedrich Wilhelm generelle Glaubensfreiheit und hieß die hugenottischen Flüchtlinge willkommen.

Als zeitweiliger Schlossbaumeister gestaltete Andreas Schlüter wesentlich, was derzeit am Nachbau angedübelt wird, die barocke Fassade – als Bildhauer schuf er das Reiterdenkmal im Sinne eines Gesamtkunstwerks.

Exakt an seinem früheren Platz kann es nicht mehr stehen. Denn einst thronte der aufgeklärte Fürst auf einer Auskragung des Mittelpfeilers der heutigen Rathausbrücke.

Seit deren Neubau vor 15 Jahren fehlt der Mittelpfeiler. Deshalb sollten Ross und Reiter jetzt schräg gegenüber auf dem Brückenfundament am rechten Spreeufer den ihnen gebührenden Platz finden. Je schneller, desto besser!

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